28.09.2022 | Tretter | Lesezeit


Citywire: "AA-Rohstoffmanager: "Ich sehe Verdreifachungspotentialbei Goldminen"

Edelmetall-Experte Tobias Tretter erläutert im Interview seinen Ausblick für den Goldpreis und entsprechende Minengesellschaften.

Tobias Tretter ist Gründer und CEO von Commodity Capital. Laut unserer Datenbank war er im Citywire-Sektor Bodenschätze-Fonds zeigt, dass Tretter, der ein AA-Rating hat, über die letzten fünf Jahre der Fondsmanager mit der besten Performance war. Tretter managt den auf Bergbaugesellschaften fokussierten Commodity Capital Global Mining Fund.

Über die letzten fünf Jahre sind Sie bei uns laut unserer Datenbank im Bereich der Bodenschätze-Fondsmanager unangefochtene Nummer eins. Da stellt sich natürlich die Frage: Was machen Sie anders als die Konkurrenz? 

Es ist die Nähe zu den Projekten und den Minengesellschaften. Betrachtet man die großen Flagschifffonds, so unterscheidet sich deren Arbeitsweise substantiell. Die Kollegen arbeiten hauptsächlich vom Schreibtisch aus. Wir sind im Gegensatz dazu hauptsächlich vor Ort und begutachten neben der Geologie und der Wirtschaftlichkeit der einzelnen Minen auch die Arbeitsbedingungen und den Umgang mit der lokalen Bevölkerung.

Dies resultiert in einem deutlich interessanteren Portfolio, welches vor allem kleine und mittelgroße Unternehmen aufweist. Diese etwas andere Herangehensweise zahlt sich kurzfristig nicht unbedingt aus. Über einen Zeitraum von mehreren Monaten oder gar Jahren zeigt sich jedoch eine deutlich höhere Performance.

Gutes Management ist das A und O

Worauf achten Sie in Ihrem Selektionsprozess besonders? 

Um Zahlen zu vergleichen, benötigen Sie keinen guten Fondsmanager. Viel wichtiger ist sein Netzwerk und die Fähigkeit, die Spreu vom Weizen zu trennen. In unserem Selektionsprozess achten wir darauf, dass wir insbesondere das Management persönlich kennen (lernen) und die Projekte direkt vor Ort besichtigen. Dies ist auch aus ESG-Gesichtspunkten enorm wichtig für uns, denn Präsentationen und Hochglanzbroschüren spiegeln oft nicht die Realität wider und Kinderarbeit oder weitreichende Umweltsünden erkennen Sie nicht vom Schreibtisch aus.

Gutes Management von Minenprojekten ist für uns das A und O. Ich habe zu viele Projekte in den letzten zwanzig Jahren gesehen, die ein absolutes Weltklasse-Vorkommen beinhalteten, aber das schlechte Management es trotzdem geschafft hat, die Projekte in den Bankrott zu führen.  

Auf der anderen Seite habe ich sehr viele Projekte gesehen, die nicht unbedingt A- oder B-Qualität besaßen, ein gutes Management jedoch in der Lage war, diese zu in Produktion zu bringen und später zu verkaufen. Insofern hat sich mehr und mehr herauskristallisiert, dass wir unseren Fokus komplett auf die weltbesten Management Teams setzen sollten. 

Sie haben in Ihrem aktuellen Factsheet in einem Satz erwähnt, dass die Voraussetzung für eine nachhaltige Gold- und Rohstoff-Hausse allesamt vorhanden seien und es sich lediglich um eine Frage der Zeit handle, bis sich diese These auch ausspielt. Was sind die Beweggründe, die Sie zu dieser These kommen lassen? 

Die aktuelle Marktlage ist eine gute Basis für einen Anstieg des Goldpreises. Den genauen Grund dafür, warum der Goldpreis aktuell noch nicht höher steht, weiß ich nicht. Doch wir erwarten einen spannenden Herbst an den Märkten. Inflationsraten von 8% pro Monat, Zinsen, die zwar leicht angestiegen sind, aber sehr weit unter der Inflationsrate liegen, und die dadurch gegebenen negativen Realrenditen erschüttern aktuell die Gesamtmärkte und der Goldpreis kommt somit nicht zur Ruhe. Es herrscht ein bisschen der Irrglaube, dass steigende Zinsen grundsätzlich schlecht für Rohstoffe und den Goldpreis wären, doch das ist nicht der Fall. In den 70er Jahren sind die Zinsen auf 15% angestiegen, und der Goldpreis war als Investment trotzdem extrem spannend. Insofern schließen steigende Zinsen und ein steigender Goldpreis sich nicht aus, sondern laufen meistens sogar kongruent. Eben genau aus dem Grund, weil steigende Zinsen normalerweise eine Reaktion auf eine steigende Inflation sind. Meistens, wie auch jetzt, steigt die Inflation schneller, als die Zinsen angehoben werden, und daraus resultieren negative reale Renditen. Negative Renditen sind wiederum ein idealer Nährboden für Gold und Goldminenbetreiber. 

Warum der Goldpreis stabil ist

Man hat in den letzten Wochen und Monaten gesehen, dass die Realzinsen  kurzzeitig sogar wieder positiv waren. Gleichzeitig ist der Goldpreis relativ stabil geblieben.

Was mich positiv stimmt, ist die Bewertungslücke zwischen dem Rohstoff Gold und der Aktienperformance von ausgewählten Minengesellschaften. 

Schaut man auf das Jahr 2000, als der Goldpreis bei $250 lag und die Produktionskosten der Goldminen irgendwo bei $200 lagen, hatten diese eine Marge von gut $50. Aktuell hat man Goldpreise von über $1.800, und die Minen produzieren für um die $1.100. Das bedeutet, die Marge ist momentan irgendwo zwischen $700 und $800. Eine Marge, von der die Unternehmen im Jahr 2000 geträumt hätten. Insofern: Aktuell sind die Unternehmen günstiger als im Jahr 2000. Die Unternehmen verdienen sich  „dumm und dusselig“, aber die Bewertungen sind eigentlich auf dem absoluten Crash-Niveau. Minen haben im historischen Kontext zumindest ein Verdopplungs- oder Verdreifachunspotential. Darüber hinaus sind die Bilanzen der Minengesellschaften deutlich besser geworden. Die Unternehmen weisen deutlich weniger Fremdkapital in den Bilanzen auf, als dies beispielsweise im Jahr 2000 der Fall war. Ich denke, es ist lediglich eine Frage der Zeit, bis die Marktteilnehmer diese Bewertungslücke erkennen und diese sich schließen wird. 

Wie ist Ihre grundsätzliche Haltung zu anderen Rohstoffen abseits von Gold und Silber?

Ich bin für viele Bereiche des Rohstoffmarktes grundsätzlich optimistisch gestimmt. Sieht man sich einerseits die Minengesellschaften, aber auch die Rohstoffe an, erkennt man nahezu immer diesen typischen Schweinezyklus.  

Über einen gewissen Zeitraum ist die Nachfrage deutlich stärker ist als das Angebot. Urplötzlich „wachen die Marktteilnehmer dann auf“ und merken, dass ein Angebotsdefizit vorliegt. Genauso plötzlich steigen die Preise, und es wird wieder relativ stark investiert und neue Projekte an den Start gebracht. Bis dann wieder zu viel Angebot da ist. Als Folge fallen die Preise dann wieder. 

ESG ist auch bei Rohstoffen wichtig

Was könnte Ihre aktuelle These gefähden? 

In einem weiteren Ausverkauf am Aktienmarkt werden mit Sicherheit auch die Goldminen mit verkauft werden, ohne dass ein Investor auf irgendwelche Fundamentaldaten achtet. Das ist mit Sicherheit etwas, das man einfach im Hinterkopf behalten muss. Wenn die Aktienmärkte krachen, wird sich in einem ersten Schritt der Goldminen-Sektor nicht dagegen stemmen können. 

Nachhaltigkeit ist im Asset Mangement ein großes Thema. Wie beurteilen Sie den Sektor in Bezug auf ESG-Kriterien? 

Rohstoffabbau ist Raubbau an der Natur. Dennoch wollen die Menschen Güter besitzen, die aus Rohstoffen gefertigt werden. Wir sprechen daher nicht immer von Nachhaltigkeit, sondern von vernünftigem Investieren.

Das Thema ESG besitzt aber auch aus Gründen der Profitabilität einen wichtigen Stellenwert. Nachhaltig bewirtschaftete Minen sind mittel- bis langfristig deutlich rentabler als nicht nachhaltig bewirtschaftete Minen.

Betrachten wir die Beziehung der Minengesellschaft zur lokalen Bevölkerung. Ich habe noch nie gesehen, dass die lokale Bevölkerung grundsätzlich gegen ein Projekt ist, denn eine Mine schafft sichere Arbeitsplätze, Infrastruktur wie Straßen, medizinische Versorgung, Bildung und im Endeffekt Wohlstand. Schließe ich die lokale Bevölkerung jedoch aus, kommen schnell Sabotage, Streiks oder auch Proteste gegen die Minengesellschaft. Diese kosten Zeit und Geld, was sich negativ auf die Rendite der Mine auswirkt.

Bei einem Minenprojekt fallen die größten Kosten vor Produktionsstart an. Sobald die Produktion gestartet ist, profitiert die Gesellschaft von den niedrigen Kosten und dem hohen Output. Da wäre es schade, wenn hier Probleme mit der lokalen Bevölkerung diese Rendite schmälern.

Wir als Investoren können die Spreu vom Weizen trennen. Wir investieren nur in die Minen, die professionell und sauber arbeiten sowie sich an die ESG Regeln halten, und informieren auch Minengesellschaften, die diese Standards nicht umsetzen, dass wir deswegen nicht investieren können, was nicht selten zu einem Umdenken führt.  

Es gibt immer wieder auch einige Analysten, die die These vertreten, dass Krypto das neue digitale Gold sein könnte. Haben Sie eine generelle Meinung dazu? 

Ich habe mich in den letzten Jahren auch sehr viel mit dem Thema beschäftigt. Bitcoin ist als dezentralisierte Währung grundsätzlich eine gute Sache. Aber es gibt auch viele negative Gesichtspunkte wie die kriminelle Verwendung, das erschwerte Tracking, schwierige Sicherheitsaspekte. Und die Staaten haben auch wenig Interesse daran, sich ihre Kontrollfunktion wegnehmen zu lassen. Ich glaube aber grundsätzlich, dass der Bitcoin eine positive Zukunft hat. Gold als Sicherheitsanker und Bitcoin als High-Beta Asset können co-existieren und schließen sich nicht gegenseitig aus. 

Das Interview wurde am 23. Juni geführt.

Lesen Sie hier das Interview bei Citywire.